Die eine nahm den Tauschhandel am 24. September in direkter Nachbarschaft zur Keimzelle im Ölmühlenpark auf. In der „Givebox“, die an eine Umkleidekabine ohne Türen erinnert, hängen säuberlich aufgereiht Hemden, Sakkos und Hosen, stehen Bücher, Schuhe und Puzzles in den Regalen. Zum Mitnehmen. Für jeden.
Bei der „Givebox“ geht es – der Name ist Programm – aber vor allem ums Geben. Oder, wie es auf der Facebook-Seite ausgedrückt wird: „Das Konzept (…) hilft anderen Menschen“ und „befreit von Krempel“.
Die Frage nach dem Kommerz ist nicht ganz unberechtigt, prangt doch der Schriftzug eines kommerziellen Webprojekts auf der Box und den Informationszetteln. Davon wird die „Givebox“ aber lediglich unterstützt, sagt Florian Führer. „Jeder, der eine ‚Givebox‘ aufstellen will, kann das machen, wie er will.“ Dass man sich von einem Sponsor unterstützen lasse, folge lediglich praktischen Erwägungen. Man hoffe einfach, mit dem frei zur Verfügung gestellten Werbematerial noch mehr Menschen zu erreichen. Zum Beispiel auch die Leute, die nicht bei Facebook sind und eine Kleiderspende besondern nötig haben.
Aufgestellt wurde die Kiste von Tobias Filmar. Der Psychologe und Tischler hat in einem Artikel über den Erfolg der „Givebox“ in Berlin gelesen. Das mit dem Sofa sieht er kritisch: „Da dachte ich das erste Mal: Mist!“, erzählt er. Das Projekt fordert schon Einsatz von den Initiatoren: Am Mittwoch musste Filmar erst mal entrümpeln. Insgesamt gehe das Projekt aber voll auf. Hier hätten schon Schlittschuhe, Wasserkocher und natürlich viele Klammotten den Besitzer gewechselt. Und im Gästebuch gebe es ausgesprochen positive Resonanz von Anwohnern und Passanten. Filmar sagt: „Die Tauschkiste gehört der Nachbarschaft. Jeder kann sich hier engangieren.“ Trotzdem würde er hier alle ein, zwei Tage vorbeifahren, um nachzusehen ob alles in Ordnung ist.
Viel Platz nimmt die Kiste hier allerdings wohl niemandem weg – schließlich steht sie auf einem kargen Sandstreifen. Filmar sagt, ihm sei es darum gegangen, einen vorher ungenutzten Raum mit einem sinnvollen Projekt zu besetzen. Nebenbei macht er damit auch Werbung für seine Initiative, in der er Jugendlichen und bedürftigen Erwachsenen Betreuungsangebote machen will. Die „Tauschkiste“ sei ein guter Weg Veratwortung zu übernehmen, findet Filmar. So könne er sich vorstellen, weitere Kisten aufzustellen, für die dann auch Patenschaften vergeben würden. Das betont auch Florian Führer. „Bitte betreuen!“, rät er Nachahmern. „Alle ein, zwei Tage muss da schon jemand vorbeigehen und entrümpeln.“
Ob es wirklich mehr davon geben wird? Die blühenden Beete der Gemeinschaftsgärten und die Erfolge der Krempel-Kisten in anderen Städten sprechen – trotz der gelegentlichen Schwierigkeiten – jedenfalls dafür. Florian Führer sagt: „Wir hoffen, dass das weltweit weitergeht.“
Johannes Eichler
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